Waldwege und Kreisverkehre? Wahrscheinlich hatten die Teilnehmer des Workshops im Kongresszentrum des Krankenhauses Düren nicht damit gerechnet, dass sie über solche Fotos diskutieren würden. Doch wie lässt sich die permanent wachsende Komplexität der Welt besser veranschaulichen als durch den Vergleich des ruhigen Bergpfads mit dem vierspurigen Großstadt-Kreisel? Und genau das war es, was die Macher des Workshops „Safety II – Patientensicherheit neu gedacht“ erreichen wollten: einprägsam und nachvollziehbar einen neuen Ansatz für die Patientensicherheit vorstellen, der einer immer komplexeren Medizin gerecht werden kann.
Vom Risikofaktor Mensch zum Sicherheitsfaktor Mensch – so lässt sich der Paradigmenwechsel in einen Slogan packen. Das bedeutet: Der bisherige Ansatz (Safety I), im Wesentlichen aus Fehlern zu lernen, wird abgelöst durch das Erkennen, warum die Dinge in den allermeisten Fällen gut und richtig laufen. Und genau daraus noch mehr Sicherheit und Widerstandskraft gegenüber möglichen Störungen zu entwickeln. Diesen (an dieser Stelle vereinfacht dargestellten) Gedanken haben Prof. Dr. Thomas Mühlbradt, Hochschullehrer für Arbeits- und Ingenieurpsychologie an der FOM-Hochschule in Aachen, und Prof. Dr. med. Stefan Schröder, Leiter der Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie im Artemed-Krankenhaus Düren, bereits als Buchautoren und in weiteren Veröffentlichungen diskutiert und ausgearbeitet.
Jetzt ist es ihr Ziel, ihn in die Praxis zu bringen. Mit Dr. Helga Unger, selbstständige Beraterin und Trainerin, haben sie daher den ersten Workshop im deutschsprachigen Raum zu Safety II in der Medizin konzipiert. Im Dürener Krankenhaus feierte er mit hochkarätigen Teilnehmern Premiere. Chefärztinnen, Mitarbeiter der Apothekerkammer Westfalen-Lippe, Qualitäts- und Risikomanager, Arbeits- und Organisationspsychologen sowie Dr. Ruth Hecker, Vorsitzende des Aktionsbündnisses Patientensicherheit (APS), wollten erfahren, wie Patientensicherheit aus Sicht der Veranstalter neu gedacht werden soll.
„Trotz aller Fortschritte bedarf es weiterer Verbesserungen für die Sicherheit unserer Patientinnen und Patienten. So ehrlich müssen wir in der Medizin sein“, sagt Prof. Stefan Schröder, der sich ehrenamtlich auch im Vorstand des Aktionsbündnisses für Patientensicherheit engagiert. „Safety II liefert wertvolle Ansätze für den klinischen Alltag. Ziel unseres Workshops ist es, diesen innovativen Ansatz vorzustellen und Strategien, Methoden und Instrumente zur Stärkung der Resilienz von Organisationen und Teams für den Arbeitsalltag zu vermitteln.“ Dass diese Vermittlung nicht nur über die Theorie, sondern auch über einfache spielerische, aber intelligente Teamübungen lief, kam bei den Teilnehmern sehr gut an. „Ich durfte einen sehr kurzweiligen Workshop erleben, nicht nur mit vielen interessanten Inhalten, sondern auch mit praktischen Übungen, die sehr hilfreich dabei waren, einen anderen Blick auf das Thema Patientensicherheit zu erlangen“, urteilte APS-Vorsitzende Dr. Ruth Hecker.
Dem neuen Ansatz kann sie viel abgewinnen: „Führungskräfte und Teams sollten viel positiver auf die Dinge schauen, die sie jeden Tag machen, denn das meiste funktioniert und klappt. Der kontinuierliche Blick auf die wenigen Fehler schwächt die Resilienz von einzelnen Personen, Teams und Organisationen.“
Von einem sinnvollen Perspektivenwechsel spricht die Dürener Anästhesistin Nadja Refai: „Häufig betrachtet man den Arbeitsalltag defizitär und die Aufmerksamkeit ist auf Dinge gerichtet, die nicht optimal laufen. Sich und seinen Führungsstil positiv auszurichten, Mitarbeiter auch hier zu sensibilisieren, möchte ich zukünftig in mein tägliches Handeln einfließen lassen. Ich glaube, der Safety-II-Ansatz kann deutlich zur Resilienzsteigerung und Arbeitszufriedenheit beitragen.“ Eine Einschätzung, die Nurcihan Joy Koc, Chefärztin der Klinik für Akut- und Notfallmedizin im Helios Hanseklinikum Stralsund, teilt: „Safety II ist eine wichtige Entwicklung, die zu einer besseren Personalführung beiträgt und gleichzeitig zu einer Verbesserung der Patientensicherheit.“
Den Aspekt der Arbeitszufriedenheit betont auch Rosi Struck, Qualitätsmanagerin im Krankenhaus Düren: „Die Betrachtung der Patientensicherheit mit Fokus auf gut ablaufende Behandlungsprozesse kann für Mitarbeitende eine Bestätigung ihrer täglichen Arbeit sein und sie zufriedener machen.“ Für die Macher des Workshops waren die ausnahmslos positiven Reaktionen selbstverständlich Rückenwind für ihre Mission. „Wir freuen uns sehr, dass wir die Teilnehmer mit unserem neuen Ansatz erreicht haben“, sagt Prof. Schröder. „Es war ein wichtiger erster Schritt."
Rückfragen und Kontakt:
Prof. Dr. med. Stefan Schröder
E-Mail: stefan.schroeder@krankenhaus-dueren.de